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Rundbrief von Maike Paulus
St
Louis, 17.August 2013
Liebe
Unterstützerinnen, Unterstützer, Verwandte, Freunde, Interessierte
!
Dies
wird mein vierter und auch letzter Rundbrief.
Nie
hätte ich gedacht, dass dieser Tag so schnell kommen würde, aber
mein Freiwilliger Friedensdienst in Every Child's Hope, mein Jahr in
Amerika, Missouri, St Louis, ist fast vorbei. In nur wenigen Tagen
werde ich zurück nach Deutschland fliegen.
St Louis , Top of the Arch
Es
ist nicht einfach, heute einen Anfang zu finden, beziehungsweise
Wörter und Sätze, die diesem Rundbrief gerecht werden. Es ist fast
unmöglich, diese ganzen Emotionen, Erlebnisse und Erfahrungen der
letzten Monate zu Papier zu bringen.
Vor
allem aber die der letzten Wochen. Viele Mitarbeiter und Freunde
stellen mir zur Zeit wieder und wieder die ein und dieselbe Frage:
"Are you ready to go home ?" (Bist du bereit nach Hause zu
fliegen?), fragen sie und schauen mich dabei neugierig an. Ich bin
mir nicht sicher, ob sie darauf wirklich eine ernstgemeinte Antwort
in Form eines einziges Satzes erwarten?! Ich kann ihnen diese
jedenfalls nicht geben. Da ich den Leuten keinen zweistündigen
Aufsatz über mein Gefühlschaos zumuten möchte, halte ich mich
meist sehr oberflächlich und kurz. "No, not really, I'm so glad
to see my familiy and friends again, but I would like to come back or
visit other continents" ( Nein nicht wirklich, aber ich bin so
froh meine Familie und Freunde wieder zu sehen, ich würde aber gerne
zurück kommen oder andere Kontinente besuchen.) Aber eigentlich ist
mir dieses Gefühlschaos bekannt. Es erinnert mich an die Zeit, kurz
bevor ich nach Amerika flog. Auch damals war ich voller Vorfreude,
Angst, Ungewissheit und Nervosität.
Die
letzten Monate in St Louis waren sehr erlebnisreich. Auf dem Campus
begann mit den Sommerferien der Jugendlichen das Sommerprogramm.
Neben meiner Arbeit im Kindergarten von Every Child's Hope arbeitete
ich nun nachmittags als "Summer-staff" ( Betreuer) im
Sommerprogramm.
Das Sommerprogramm brachte jedoch nicht nur einen neuen Stundenplan, sondern auch fünf neue Gesichter in mein Leben. Mit den neuen Gesichtern meine ich das Sommerprogramm-Team. Alle sehr nette, freundliche, aktive, junge Erwachsene, mit denen wir uns sehr gut verstanden. Jeden Tag fanden jetzt also verschiedene Aktivitäten statt, die wir uns im voraus ausgedacht hatten. Wir bastelten Armbänder und Traumfänger, kochten Quesadillas und Smoothies und spielten Basketball oder Baseball. Nebenbei konnten die Teenager jeden Tag den Pool auf dem Campus besuchen.
Zum Abschluss des Sommerprogramms veranstalteten wir eine Talentshow. Mutig zeigten die Teenager ihre Talente: tanzten, lasen Gedichte vor, sangen oder rapten. Es war schön anzusehen, wie stolz die Jugendlichen den Applaus genossen.
Insgesamt gefiel mir das Sommerprogramm sehr gut. Es brachte Abwechslung, Spaß und neue Freunde.
Zu
einem weiteren Highlight des Sommers in St.Louis zählt definitiv
auch unser Trip nach San Francisco und in den Yosemite Nationalpark.
Eine
Woche genossen Débora und ich Natur pur und anschließend ein
aufregendes Wochenende in San Francisco.
Wir
wanderten von Wasserfall zu Wasserfall, schwammen in glasklaren Seen,
beobachteten einen wilden Bär und bewunderten Sequoia-Bäume. In San
Francisco radelten wir anschließend über die Golden Gate Bridge,
shoppten in Downtown, besuchten einen chinesischen Tempel in
Chinatown und aßen leckere Pizza im italienischen Viertel.
Eine
faszinierende Reise, an die ich mich sicherlich lange erinnern werde.
Zum
Ende meines Freiwilligen Friedensdienst beschäftige ich mich zurzeit
auch mit folgenden Fragen: „Inwieweit habe ich in diesem Jahr
Frieden stiften können? Was trug ich zurVölkerverständigung bei?
Konnte ich helfen?“ Das waren zumindest einige meiner Ziele, bevor
ich in die USA flog.
In
manchen Momenten dieses Jahres hätte ich diese Fragen wahrscheinlich
mit einem „nein“ beantwortet. Trage ich zum Frieden bei wenn, ich
Hamburger und Pommes auf den Lunchtellern der Kinder verteile oder
drei Stunden am Frontdesk auf die Eltern warte, damit diese endlich
ihr Kind abholen ?!
Wenn
ich heute jedoch im Morgenkreis in die Gesichter der Kinder schaue,
die ganz gespannt darauf warten, dass ich endlich die Seiten meiner
Gitarre anspiele, kann ich diese Fragen definitiv mit „ja“
beantworten.
Viele
Eltern sind auf das Early Education Center angewiesen. Während sie
arbeiten, um ihre Familie ernähren zu können, bietet der Early Ed
ihren Kinder einen beschützten, liebevollen Ort.
Durch
meine Arbeit habe ich also zur Erleichterung des Lebens der Familien
beigetragen.
Zudem
hat es hat mich gefreut, den Kindern die Musik näher zu bringen.
Manche
Kinder haben so das erste Mal in ihrem Leben zu einer Gitarre
gesungen.
Auch
konnte ich durch meine Bastel -und Kochideen das Sommerprogramm der
Jugendlichen auf dem Campus von Every Child's Hope bereichern. Keiner
der Jugendlichen hatte jemals bevor selber einen Früchte Smoothie
zubereitet.
Auch
wenn es insgesamt oft nur kleine Dinge waren, denke ich schon, dass
ich durch meine Arbeitskraft für ein Jahr „geholfen“ habe.
Oft
ging es auch darum, mein eigenes Land zu repräsentieren. Viele
Menschen waren an der Kultur Deutschlands interessiert und so konnte
ich also den einen oder anderen US-Amerikaner überzeugen, dass es in
Deutschland weit mehr als nur Lederhosen, Bier und Autos gibt.
Dieses
Jahr hat jedoch auch mich verändert.
Es
gibt einfach so Vieles, was ich erleben, lernen und erfahren durfte.
Ich
bekam die Möglichkeit, ein fremdes Land und eine fremde Kultur zu
erkunden. Und so habe ich also auch gelernt, dass man in den USA
nicht nur Fast Food Restaurants und übergewichtige Menschen
vorfindet, sondern dass dieses Land weit aus mehr zu bieten hat.
All
diese Erfahrungen haben mich verändert, haben mich wachsen lassen
und verantwortungsvoll gemacht, haben mich gelehrt gewisse Dinge zu
schätzen, die davor selbstverständlich waren.
Für
mich hat sich auch die Sicht auf Deutschland verändert. Dieses Jahr
hat mir Zeit gegeben nachzudenken, über meine Familie, meine
Freunde, meine Zukunft.
Ich
bereue keine einzige Sekunde, mich auf dieses Abenteuer eingelassen
zu haben. Dieses Jahr war das Beste, was ich habe machen können.
"Eine
fremde Kultur ergründen zu wollen,
ist
wie der Versuch, den Horizont zu erreichen...
Irgendwann
steht man wieder an dem Punkt,
an
dem man begonnen hat - doch der Blick zum Horizont ist ein anderer."
Ich
möchte mich hiermit nochmal ganz herzlich bei allen bedanken, die
mir dieses Jahr ermöglicht haben.
Danke
an all meine Unterstützerinnen und Unterstützer !
Danke
an meine Familie !
Bis
in ein paar Tagen in Deutschland, eure Maike :-)